Published: Sep 29, 2022 by Matthias
Fenster im Altbau abdichten
Viele von uns leben in Altbauten: Ob als Mieter*In oder Eigentümer*In, oft sind größere Sanierungsmaßnahmen nicht, vor allem nicht sofort, umsetzbar.
Ich selbst lebe in eine Altbau zur Miete. Die Fenster sind eigentlich stark sanierungsbedürftig - das wird allerdings noch etwas dauern. Eine kurzfristige Abhilfe kann ich mir jedoch auch selbst beschaffen: Fensterdichtungen.
In diesem Post beschreibe ich die Abdichtung eines Kastenfensters, wie es von den 30er bis 70er Jahren oft verbaut wurde: Hierbei gibt es zwei hintereinanderliegende Fenster, welche unabhängig voneinander geöffnet werden müssen:
Willst du dein eigenes Fenster abdichten, so musst du hauptsächlich zwei Fälle unterscheiden:
- Du hast, wie ich, ein altes Fenster, welches normalerweise über keine oder lediglich über aufgeklebte Dichtungen verfügt.
- Du hast ein modernes Fenster, welches über Nuten zur Aufnahme von speziellen Profil-Dichtungen verfügt.
In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf die alten Fenster - bei neueren Fenstern kannst du oft die Dichtheit durch eine Einstellung des Flügels wiederherstellen, in einigen Fällen haben deine Dichtungen auch Beschädigungen und müssen ausgetauscht werden.
Undichtigkeit feststellen
Im Prinzip kannst du bei Fenstern, welche über keine Dichtung verfügen davon ausgehen: Sie sind undicht. Die Frage ist: Wie groß ist die Undichtigkeit? Schau dir den Fensterflügel genau an, schau dir an, welche Teile zuerst den Rahmen berühren bzw. ob irgendwo sichtbare Spalten bleiben, auch wenn du das Fenster andrückst. Überprüfe auch den Verschlussmechanismus: Wird das Fenster überhaupt richtig angedrückt?
Manche empfehlen auch den Kerzentest: Bei größerem Temperaturunterschied drinnen und draußen, idealerweise auch bei starkem Wind, fahre mit einem Teelicht das geschlossene Fenster ab. An einigen Stellen wird die Flamme wild hin und her tanzen: Hier ist dein Fenster (besonders) undicht.
Ich selbst verlasse mich auch gerne auf mein Gehör: Eine Undichtigkeit im Fenster lässt deutlich mehr Schall eindringen, als ein richtig abdichtendes.
Das richtige Dichtband
Es gibt Dichtbänder in verschiedenen Formen, Farben und Materialien. Hier kommt es darauf an, wie groß die zu schließenden Spalte sind.
Profildichtungen
Dieses Dichtungsband, oft aus EPDM (“Gummi”), ist häufig gut geeignet. Leider benötigst du einen Spalt, der mindestens 1mm groß ist, damit du es verwenden kannst. Profildichtungen sind nicht massiv, können daher leicht angedrückt werden und decken daher einen großen Spalt-Bereich ab, ohne besonders schwer schließbar zu sein.
- E-Profil: Dichtet üblicherweise Spalte von 1-3,5mm ab
- D-Profil: Dichtet Spalte von 2-5 oder 3-7mm ab
- P-Profil: Wie D-Profil, manchmal in Ecken besser verwendbar, weil es nur an schmalerer Stelle aufträgt.
Das Dichtungsband kostet im Baumarkt oder bei diversen Online-Händlern 0,60€ - 2€ pro Meter.
Schaumstoff oder Moosgummidichtungen
Wenn nur ganz wenig Platz herscht oder die Spalte sehr gleichmäßig sind, kann auch ein I-Profil funktionieren: Hier ist das Material überall gleich stark. Diese Dichtungen bekommst du z.B. in 0,5mm, 1mm, 2mm, 3mm, … Stärke. Bedenke: Die Komprimierbarkeit ist eingeschränkt, das Material sollte nur unwesentlich dicker sein, als der Spalt.
Den richtigen Flügel abdichten
Das Thema Luftdichtheit im Bausektor hat eine Grundregel: Innen dichter als außen.
Das hat den einfachen Grund, dass keine warme, feuchte Innenraumluft bis zu den kalten Bauteilen vordringen soll. Aus diesem Grund sollte bei unseren Abdichtungsmaßnahmen immer zuerst der innere Flügel gedichtet werden. Dies gilt auch für Verbundfenster: Hier den innenliegenden Auflagepunkt zwischen Fenster und Rahmen mit der Dichtung versehen.
In einem zweiten Schritt kannst du auch den äußeren Flügel abdichten. Natürlich darfst du offensichtliche Undichtigkeiten auch direkt mit abdichten.
Ein kühler Herbst oder Wintermorgen gibt dir hier aufschluss: Hast du (erhebliche) Mengen Kondensat an der äußeren Scheibe, so stimmt das Verhältnis der Abdichtungen nicht.
Die richtige Position finden
Nun kommt der schwierigste Part: Das Dichtband soll so angebracht werden, dass das Fenster bzw. die Tür weiterhin möglichst einfach zu schließen ist. Bedenke dabei auch, dass sich Fenster und Türen aus Holz mit der Witterung ein wenig verziehen können. Leider verändert oft auch das Anbringen von Dichtband die Position des geschlossenen Flügels, wenn z.B. an einzelnen Stellen besonders viel Druck ausgeübt wird (also ein zu großes Dichtband für einen kleinen Spalt verwendet wird). Gründlich schaue ich mir dazu die Position des Spaltes an und probiere durch Auflegen von Dichtband, wie sich das Schließverhalten verändert. Bei meinem Fenster bin ich dabei auch mit der exakten Position gesprungen:
Hier habe ich vorher gesehen, dass ich auf der anliegenden Seite seitlich am Fenster kein Dichtband unterbringen kann:
Glücklicherweise ist auf der Scharnierseite zwischen Fenster und Rahmen Platz:
An der Unterseite des Fensters musste ich auch improvisieren, da das Fenster den Rahmen stellenweise garnicht berührt. Hier kann ich das Dichtband unten einfach 2mm überstehen lassen, es deckt den Spalt dann sicher ab.
Keine Stellen vergessen
So ein zweiflügliges Kastenfenster hat ganz schön viele Seiten - so sollte auch die Seite zwischen den Flügeln abgedichtet werden:
Wenn du die Dichtungen auf verschiedenen Dichtflächen aufbringst, solltest du am Ende nochmal schauen, ob nicht kleine Spalte bleiben und diese nachträglich dichten.
Kontrolle
Was für eine Ruhe! Ich merke erfolgreiche Abdichtungsmaßnahmen direkt an einem deutlich verminderten Geräuschpegel. Ein weiteres Indiz ist die Kondensation an der äußeren Scheibe: Ist der innere Flügel gut abgedichtet, so kann keine warme, feuchte Luft mehr in den Scheibenzwischenraum gelangen - hier kann also auch keine Feuchtigkeit mehr kondensieren. Bei mir war die äußere Scheibe im Schlafzimmer morgens immer beschlagen - seit der Abdichtung ist dies überhaupt nicht mehr der Fall.
Türen
Obenstehende Anleitung ist ähnlich auch auf Türen zu übertragen. Oft schließen diese allerdings noch ungleichmäßiger als die Fenster.
Wenn die Tür nach der Abdichtung deutlich schwerer schließt als zuvor kann es hilfreich sein, einige Rippen des E-Profils abzuschneiden:
Hierbei musst du einfach improvisieren: Ziehe die Tür langsam zu und schau, wo die Dichtung als erstes komprimiert wird. Arbeite dich langsam vor - versuche, die Stellen, die das Schließen der Tür erschweren, ein wenig auszuschneiden.
Merke: Eine gute Dichtung hilft nichts, wenn danach das Schließen so schwer wird, dass die Tür häufiger offen stehen gelassen wird.
Einsparpotential
Viele Werbeprospekte werfen große Töne: Bis zu 35% Einsparpotential mit der Fensterdichtung. Kann das wirklich sein? Wieviel ist es denn nun?
Das ist in der Tat schwer zu sagen. Dein Einsparpotential hängt von vielen Faktoren ab:
- Wie undicht war es vorher?
- Wie dicht ist es jetzt?
- Wie effizient arbeitet deine Heizungsanlage?
- “Verschenkst” du die Einsparung, weil du anschließend die Raumtemperatur erhöhst?
Bei einem Preis von etwa 10€ zur Abdichtung eines (größeren) Fensters würde ich sagen: Diese Kosten amortisieren sich nahezu immer bereits in der ersten Heizsaison. Ausbleibende Zuglufteffekte, langsameres Auskühlen des Raumes, verringerte Schimmelgefahr am äußeren Flügel: All diese Punkte sind auch nicht unbedingt finanziell zu beziffern.
Im Durchschnitt sind die Wärmeverluste durch Transmission, also durch Wärmeleitung durch die Außenbauteile wie Wände, Fenster und Türen, insbesondere im Altbau erheblich größer als die Wärmeverluste durch Undichtigkeiten. Allerdings haben wir auch gerade im Altbau teilweise erhebliche Undichtigkeiten, deren gezielte Beseitigung überraschend starken Einfluss auf die Heizkosten haben kann.
Der Ubakus Lüftungsrechner beziffert die jährlichen Heizkosten alleine durch Wärmeverluste im Altbau für ein 20m² Zimmer bei einem vernünftig abgedichteten Altbau-Zimmer (Luftwechsel: 0,4/h) auf 578 kWh pro Jahr - bei einem Gas-Preis von 10ct/kWh und einer Anlageneffizienz von 70% sind das 82€. Im undichteren Fall mit einem Luftwechsel von 0,75 pro Jahr landen wir bei knapp dem doppelten - das Einsparpotential beträgt hier also etwa 80€ im Jahr. Ermöglicht dir nun die Abdichtung deiner Fenster noch die Optimierung deiner Heizungsanlage (z.B. Verlängerung der Nachtabsenkung, Verringerung der Heizkurve), weil sich die Auskühlung deiner Räume verlangsamt, so kannst du schnell nocheinmal so viel sparen.
Umgerechnet auf die den Heizwärmebedarf eines typischen Altbaus von 200-400 kWh/m²/a sparen wir mit dem gegebenen Beispiel 6-15% der Heizenergie ein.
Aber es ist doch gut, wenn meine Fenster ein bisschen undicht sind?
Kokolores. Als Energieberater sind für mich (in diesem Fall) zwei Dinge relevant:
- Einsparung von Energie
- Bausubstanz langfristig erhalten
Natürlich braucht ein Gebäude immer auch einen Luftwechsel. Im Neubaubereich wird hierbei auf mechanische, also von aktiven Lüftern getriebener Luftaustausch, oft auch mit Wärmerückgewinnung, gesetzt. Im Altbau müssen wir selbst lüften: Fenster für einige Minuten vollständig öffnen, am besten mit Durchzug, da hier je nach Wetter dann auch schon 30 Sekunden reichen können.
Der langsame, unkontrollierte Luftaustausch durch Undichtigkeiten ist immer weniger effizient und birgt dabei gleichzeitig durch die (starke) Abkühlung benachbarter Bauteile eine erhöhte Schimmelgefahr.
Natürlich gibt es im Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 auch den “Mindestluftwechsel zum Feuchteschutz”, also ein (im Bestand häufig) durch Undichtigkeit eingehaltener Mindestluftwechsel, der dafür sorgen soll, dass gänzlich ohne manuelle Maßnahmen genügend Luftaustausch in einem Gebäude besteht, dass Bauschäden durch Feuchtigkeit ausbleiben. Dieser Luftwechsel ist allerdings erheblich geringer als der durch (deutliche) Undichtigkeiten entstehende Luftwechsel.
Trotzdem: Achte - insbesondere auch nach deiner Fenster-Abdichtung - auf regelmäßiges Lüften. Stoßlüften 2-3x am Tag für wenige Minuten lässt sehr wenig Wärme entfleuchen und sorgt für frische, trockene und gesunde Luft.